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FidAR-Pressemitteilung vom 29.12.2015

„Wachstumsziel Null ein Affront gegen die Frauen“ – FidAR analysiert erste Planziele der Unternehmen für gleichberechtigte Teilhabe in Führungspositionen


Berlin, 29.12.2015: Nur wenige deutsche Unternehmen setzen sich ehrgeizige Ziele bei der Erhöhung des Frauenanteils in Führungspositionen. Bislang haben bereits 59 der nach aktuellem Stand 102 börsennotierten und voll mitbestimmten Unternehmen Zielgrößen für den künftigen Frauenanteil in Aufsichtsrat, Vorstand oder der ersten und zweiten Managementebene festgelegt und teils veröffentlicht. Dies ergibt das „Planziele-Resümee“ von FidAR, eine aktuelle Abfrage zu den Zielgrößen zum Frauenanteil in Führungspositionen der rund 100 börsennotierten und voll mitbestimmten Unternehmen.

Von den 52 Unternehmen, die für den Aufsichtsrat Planziele festgelegt haben, sehen immerhin 31 einen Zuwachs vor, 14 davon wollen den Anteil an Frauen um über 10 Prozentpunkte erhöhen. Für die Vorstandsebene planen dagegen nur 11 der 49 Unternehmen, die eine Zielgröße festgelegt haben, einen Zuwachs. 23 Unternehmen allerdings, die derzeit noch keine Frau auf Vorstandsebene haben, geben auch als Zielgröße 0 Prozent an. Erfreulicher fällt die Bilanz hinsichtlich der festgelegten Zielgrößen für die 1. und 2. Führungsebene aus. 34 davon streben für die 1. Führungsebene, 31 für die 2. Führungsebene konkrete Zuwächse an. BAYER, Metro und RWE sind bislang die einzigen Unternehmen, die den Frauenanteil auf allen 4 Ebenen erhöhen wollen, auf immerhin drei Ebenen planen dies unter anderem adidas, Beiersdorf, Deutsche Bank und Deutsche Postbank.

„Wir begrüßen es sehr, dass viele Unternehmen ein Signal setzen und die Zahlen vorab veröffentlichen. Die erste Bilanz der vorgelegten Planziele ist aber größtenteils ernüchternd. Die Unternehmen wollten flexible Lösungen. Jetzt, da diese auch gesetzlich festgelegt sind, liefern sie nur begrenzt“, erklärt FidAR-Präsidentin Monika Schulz-Strelow. „Die gesetzliche Regelung macht transparent, welche Konzerne sich sehr wohl bewegen und als Leuchttürme herausragen. Andere zeigen wenig Engagement. Zu argumentieren, der hohe Zeitdruck durch die Fristerfüllung bis Juni 2017 erzwinge eine Null-Prozent-Quote, ist meist vorgeschoben. Schon seit 2011 mahnt der Corporate Governance Kodex, konkrete Planziele für mehr Diversity festzulegen. Nicht nur das Arbeitgeber-Image wird dadurch beschädigt. Auch Investoren werden sich den geplanten Verzicht auf Diversity sehr genau ansehen.“

Für das Planziele-Resümee befragte FidAR die rund 100 börsennotierten und voll mitbestimmten Unternehmen zu den Zielgrößen. Ferner wurde erhoben, welche Fristen sich die Unternehmen zur Erreichung der Ziele setzen und wie sie die Angaben begründen. Knapp 70 Prozent der Unternehmen haben an der Befragung teilgenommen. Die Veröffentlichung der Planziele ist erst im Rahmen des Berichts zur Unternehmensführung im Geschäftsbericht 2015 gesetzlich verpflichtend – die Angaben wurden daher vorab FidAR gegenüber benannt oder im Internet veröffentlicht. Mit großem Interesse sehen wir den Angaben der Unternehmen entgegen, die ihre Daten bisher noch nicht mitgeteilt haben.

Der Frauenanteil in den Aufsichtsräten der 102 börsennotierten und voll mitbestimmten Unternehmen, die ab 1. Januar 2016 im Aufsichtsrat bei Neuwahlen eine Mindestquote von 30 Prozent Frauen erreichen müssen, ist seit Jahresbeginn 2015 nur leicht auf 23,1 Prozent (+1,8 Prozentpunkte seit 01/2015) gestiegen. 28 Unternehmen erreichen schon einen Frauenanteil im Aufsichtsrat von 30 Prozent oder mehr. Der Frauenanteil in den Vorständen stagniert dagegen bei 5,5 Prozent (+0,6 Prozentpunkte seit 01/2015). Dies ergeben die vorläufigen Untersuchungen zum Women-on-Board-Index 100 von FidAR mit Stand November 2015 (www.wob-index.de).

„Wir setzen darauf, dass mit den Aufsichtsratswahlen ab 2016 alle Kontrollgremien den geforderten Frauenanteil von 30 Prozent erreichen werden. Hiervon wird ein positiver Schub ausgehen“, betont Schulz-Strelow. „Wichtiger als die Pflicht ist aber die Kür der Zielvorgaben für den Vorstand und die beiden obersten Managementebenen. „Bleibt es dabei, dass der flexible Ansatz nicht genutzt wird, über die Festlegung von Zielgrößen und den damit verbundenen öffentlichen Druck die gleichberechtigte Teilhabe in den Führungsetagen zu erhöhen, müsste die verbindliche gesetzliche Regelung ausgeweitet werden.“

Die Welt vom 31.12.2015: Frauen kommen nur langsam an die Schalthebel der Macht

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