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Stellungnahme zum Gesetzentwurf der Bundesregierung

„Entwurf eines Gesetzes für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst“ (BT-Drucksache 18/3784)  und dem Gesetzentwurf der Fraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN  „Entwurf eines Gesetzes zur geschlechtergerechten Besetzung von Aufsichtsräten, Gremien und Führungsebenen“ (BT-Drucksache 18/1878)


Die Anhörung im Bundestag findet am 23. Februar 2015 statt. Monika Schulz-Strelow ist als Sachverständige dazu eingeladen. Nähere Informationen zur Anhörung finden Sie unter folgendem LINK.

STELLUNGNAHME VON FIDAR ALS PDF

I.          Allgemeine Anmerkungen

FidAR begrüßt es sehr, dass die Bundesregierung sich die dringend notwendige Erhöhung des Frauenanteils in Spitzenpositionen der deutschen Wirtschaft und der Bundesverwaltung zur Aufgabe gemacht und gesetzliche Maßnahmen hierfür auf den Weg gebracht hat. FidAR setzt sich seit 2006 konsequent für dieses Ziel ein. Insbesondere ist FidAR überzeugt, dass eine gesetzliche Geschlechterquote von mindestens 30% in den Aufsichtsgremien der Unternehmen erforderlich ist, um Veränderungen herbeizuführen. Es ist gut, dass der Gesetzgeber endlich dem Vorbild etlicher europäischer Staaten folgt und eine Quote für die börsennotierten und paritätisch mitbestimmten Unternehmen einführen wird.

FidAR begrüßt auch die Begründung gesetzlicher Verpflichtungen für Unternehmen, sich selbstbestimmte Zielgrößen für die Exekutivgremien (Vorstand, Geschäftsführung) sowie das oberste Management zu setzen und hierüber transparent zu berichten. Die im Gesetzentwurf für die Privatwirtschaft vorgesehenen Maßnahmen sind daher aus unserer Sicht im Grundsatz zielführend und wichtig. Auf einzelne verbesserungswürdige Punkte gehen wir unter II. ein.

Aus der Sicht von FidAR ist es für die Erreichung des Ziels, den Anteil von Frauen in Führungspositionen in der Wirtschaft zu erhöhen, und für die Akzeptanz der geplanten Maßnahmen für die Privatwirtschaft von großer Bedeutung, dass die öffentliche Hand ihre eigenen Unternehmen mindestens denselben Anforderungen unterwirft wie die Privatwirtschaft. Auch wenn ein Großteil der öffentlichen Unternehmen in Landes- oder Kommunalbesitz stehen, besteht hier auch für den Bund Handlungsbedarf. Wie unter III. erläutert, wird das Ziel der (mindestens) gleichen Anforderungen an Bundesbeteiligungen durch den Gesetzentwurf nicht vollständig umgesetzt.

 

II.         Zu einzelnen Aspekten der geplanten Regelungen für die Privatwirtschaft

Soweit es um die Privatwirtschaft geht, verfolgt der Gesetzentwurf im Wesentlichen zwei Regelungsansätze: Zum einen wird eine numerisch fixe Mindestquote für die Aufsichtsräte sowohl börsennotierter als auch der paritätischen Mitbestimmung unterliegenden Aktiengesellschaften eingeführt („fixe Quote“). Zum anderen sollen alle börsennotierten oder mitbestimmten Aktiengesellschaften verpflichtet werden, sich für die Aufsichtsräte (sofern nicht von der fixen Quote erfasst), die Vorstände und die beiden Managementebenen unterhalb des Vorstands Zielvorgaben zu setzen und diese zu veröffentlichen („Zielgrößen“).

1.            Zur Fixen Quote

Beschränkung der fixen Quote auf Aufsichtsräte

FidAR stimmt dem gesetzgeberischen Ansatz darin zu, dass zwar für die Vorstände und das operative Management von Unternehmen ein höherer Frauenanteil wichtig ist, in diesem Bereich fixe Quoten jedoch derzeit nicht zielführend sind. Insoweit erscheint hier der Weg über selbstbestimmte Zielgrößen sinnvoll. Sofern es mit diesem auf Freiwilligkeit basierenden Ansatz jedoch nicht gelingt, in absehbarer Zeit eine deutliche Erhöhung des Frauenanteils in den Vorständen und Top-Führungspositionen der Unternehmen herbeizuführen, muss auch in diesem Bereich generell neu nachgedacht werden.

Kreis der betroffenen Unternehmen

Der Kreis der Unternehmen, die von der fixen Quote für die Aufsichtsräte nach dem Gesetzentwurf betroffen sein sollen, ist sehr eingeschränkt  - die Hans-Böckler-Stiftung hat ermittelt, dass die Anzahl der betroffenen Unternehmen 101 beträgt. Dadurch, dass die Voraussetzungen der Börsennotierung und der paritätischen Mitbestimmung kumulativ vorliegen müssen, werden bei weitem nicht alle der wichtigsten – d.h. gemessen an Mitarbeiterzahl und Umsatz größten – deutschen Unternehmen erfasst. So fallen etwa große börsennotierte Konzerne, die als Tendenzunternehmen von der Mitbestimmung ausgenommen sind (z.B. Springer AG), ebenso aus dem Anwendungsbereich der fixen Quote heraus wie große, mitbestimmte aber nicht börsennotierte Stiftungsunternehmen (z.B. Bosch GmbH, Bertelsmann AG) oder Familienkonzerne mit weit über 10.000 Mitarbeitern (z.B. Voith, Scheffler). Hier wäre es aus Sicht von FidAR angebracht, alle börsennotierten (entsprechend der Definition in § 3 AktG) oder der paritätischen Mitbestimmung unterliegenden Unternehmen zu erfassen. Der Kreis der betroffenen Unternehmen wäre bei diesem Ansatz noch immer überschaubar; darüber hinaus wären aber die in der Öffentlichkeit als wichtig wahrgenommenen Unternehmen weitgehend vollständig erfasst und es würde die Transparenz über die Aktivitäten dieser Unternehmen deutlich erhöhen

Dadurch könnten auch Bedenken dahingehend ausgeräumt werden, dass die enge Begrenzung der fixen Quote auf nur wenige Unternehmen möglicherweise dem verfassungsrechtlichen Gleichheitsgrundsatz nicht standhält.

Sanktionsmechanismus „leerer Stuhl“/Fehlen einer Härtefallregelung

Grundsätzlich hält FidAR die im Gesetzentwurf vorgesehene Sanktion, wonach im Fall einer der Mindestquote nicht entsprechenden Wahl die nicht quotengerecht besetzten Positionen im Aufsichtsrat unbesetzt bleiben, für elegant und potentiell wirksam. Es wurde allerdings von verschiedenen Seiten, insbesondere auch von der Deutschen Corporate Governance Kommission, darauf aufmerksam gemacht, dass die Rechtsfolge der automatischen Nichtigkeit der Wahl ohne gerichtliche Überprüfung zu erheblicher Rechtsunsicherheit führen kann. Außerdem ist in diesem Zusammenhang zu bedenken, dass das Fehlen jeder Härtefallregelung verfassungs- und europarechtliche Bedenken weckt, die aus unserer Sicht nicht von der Hand zu weisen sind.

Diese Rechtsunsicherheiten könnten durch Aufgreifen des Vorschlags der Corporate Governance Kommission beseitigt werden, wonach (1) die Nichtigkeit der Wahl nicht automatisch eintritt, sondern gerichtlich festgestellt werden müsste und (2) in diesem Zusammenhang die Unternehmen eine eng gefasste Härtefallregelung in Anspruch nehmen könnten (s. Stellungnahme der Regierungskommission Deutscher Corporate Governance Kodex vom 29.10.2014). Im Rahmen einer solchen Härtefallregelung müssten plausible und nachvollziehbare Gründe vorgetragen und belegt werden, warum es dem den Wahlvorschlag unterbreitenden Gremium nicht möglich war, genügend qualifizierte KandidatInnen zur Erfüllung der Quote vorzuschlagen. Flankiert werden müsste eine solche Regelung mit einem Verbandsklagerecht für rechtsfähige Verbände, deren satzungsmäßiger Zweck die Gleichstellung von Frauen und Männern ist. Eine solche Regelung hätte aus unserer Sicht eine Reihe wesentlicher Vorteile:

  • Sie würde die fixe Quote mit Blick auf die nicht von der Hand zu weisenden verfassungsrechtlichen Bedenken gegen den derzeitigen Vorschlag rechtlich absichern.
  • Damit würde die Quotenregelung in ihrer Wirksamkeit gestärkt, weil gegenüber der Quote skeptischen Unternehmen die Option genommen würde, erst einmal die – angesichts des bisherigen Vorschlags und dessen Diskussion in der juristischen Literatur recht wahrscheinliche – verfassungsgerichtliche Überprüfung der Regelung abzuwarten und bis zu deren Ergebnis nichts zur Erhöhung des Frauenanteils in ihren Führungsgremien zu tun.

Eine Härtefallregelung würde die vorgesehene Quotenregelung nach unserer Überzeugung in ihrer Wirkung nicht abschwächen, sondern im Ergebnis sogar stärken. Um sie in Anspruch zu nehmen, müsste ein Unternehmen in einem öffentlichen Gerichtsverfahren im Detail nicht nur das Anforderungsprofil für Aufsichtsratsmitglieder offenlegen – was bereits für deutsche Unternehmen absolutes Neuland wäre – sondern auch in allen Einzelheiten die Anstrengungen darlegen, die unternommen wurden, „quotengerechte“ KandidatInnen für den Aufsichtsrat zu finden. Das heißt, es müsste öffentlich gemacht werden, welche Headhunter im Auftrag des Unternehmens welche KandidatInnen angesprochen haben, aus welchen Gründen die Anfrage negativ beschieden wurde oder die angesprochenen KandidatInnen nicht geeignet erschienen, wie viele KandidatInnen angesprochen wurden und welche sonstigen Anstrengungen das Unternehmen unternommen hat, die Quote zu erfüllen. All dies gegenüber einer kritischen Öffentlichkeit darzulegen, wäre nicht nur aufwendig, sondern im Ergebnis so peinlich und potentiell schädigend für ein Unternehmen, dass nicht zu erwarten ist, dass die Härtefallregelung in der Praxis zur Anwendung käme. Denn nach Überzeugung von FidAR und inzwischen auch der breiten Mehrheit in Deutschland gibt es ja genügend hervorragend geeignete und qualifizierte Frauen, um die fixe Quote zu erfüllen, zumal sie nur einen sehr begrenzten Kreis von Unternehmen erfasst. Auch quotenunwillige Unternehmen würden sich hiervon nach unserer Erwartung schnell überzeugen lassen müssen, wenn sie erwägen, die vorgeschlagene Härtefallregelung in Anspruch zu nehmen.

Einbeziehung der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmerseite

Aus unserer Sicht ist die Lösung des Gesetzentwurfs für die Einführung einer Quote auf Arbeitnehmerseite nicht optimal. Sowohl die ursprünglich avisierte getrennte Anwendung der fixen 30%-Quote auf Anteilseigner- und Arbeitnehmerseite als auch die nunmehr geplante Gesamtbetrachtung beider Bänke, sofern dem nicht eine Seite widerspricht, erscheinen problematisch. Insbesondere ist zu erwarten, dass die Details der Widerspruchslösung bei der Gesamtbetrachtung zu vielen rechtlichen Streitigkeiten im Detail führen.

FidAR vertritt hier, auch mit Blick auf das für die Arbeitnehmerseite durchaus relevante Repräsentationsprinzip, die Ansicht, dass für die Arbeitnehmerseite eine gesetzlich verbindliche, in ihrer Höhe aber an das Geschlechterverhältnis in der Belegschaft anknüpfende Quote gelten sollte. Insoweit präferieren wir nach wie vor den Ansatz des in BT-Drucksache 18/1878 vorgestellten Gesetzentwurfs. Bei den VertreterInnen der Gewerkschaften sollte allerdings auf Quoten-Regelungen innerhalb der jeweiligen Gewerkschaft gesetzt werden. In diesem Zusammenhang sei auf die aktuelle Neu-Besetzung des Aufsichtsrats von Infineon hingewiesen, wo auf der Arbeitnehmerseite jetzt 4 Frauen im Aufsichtsrat vertreten sind, die teilweise von der IG Metall entsandt sind. Die IG Metall will bis 2018 in Aufsichtsräten den Frauenanteil unter den betrieblichen Mitgliedern auf 20 Prozent und unter den gewerkschaftlichen auf mindestens 33 Prozent erhöhen

2.            Zu den Zielgrößen

Anwendungsbereich der Zielgrößen

FidAR stimmt dem Ansatz zu, einen über den Anwendungsbereich der fixen Quote hinausgehenden Kreis von Unternehmen zur Definition eigener Zielgrößen für Vorstände und Aufsichtsräte sowie die obersten Management-Positionen zu verpflichten. Auch wenn diese Zielgrößen zunächst freiwilligen Charakter haben und nicht mehr als eine Selbstverpflichtung darstellen, schafft diese Regelung, verbunden mit den Veröffentlichungs- und Berichtspflichten, erstmals Transparenz bezüglich der Ziele der Unternehmen und bezüglich der Entwicklung hin zu mehr Frauen in den Führungsetagen der deutschen Wirtschaft. Über die Schärfung des Bewusstseins für Diversity und die Förderung von Diversity in den Unternehmen hinaus dürften viele kleinere und weniger exponierte Unternehmen diese Regelung zum Anlass nehmen, erstmals nicht nur über Frauen in Führungspositionen, sondern überhaupt über eine systematische Personalstrategie und –entwicklung nachzudenken. Eine Entwicklung, die angesichts des zunehmenden Fachkräftemangels unabhängig vom Thema der (Be)-Förderung von Frauen in Führungspositionen erforderlich  und wichtig ist.

Umsetzung der Zielgrößen für das Management

Das gesetzgeberische Anliegen, die Unternehmen zu veranlassen, sich nicht nur für die Organe (Vorstand bzw. Geschäftsführung und Aufsichtsrat), sondern auch für die obersten Management-Ebenen Zielgrößen zu setzen, findet unsere volle Zustimmung. Durch die (Be)-Förderung von mehr Frauen in operative Top-Positionen wird der Pool erfahrener Frauen vergrößert, die sich so für Vorstands- und Geschäftsführungspositionen bzw. die Übernahme von Aufsichtsratsmandaten qualifizieren. Das Bild der Pipeline, die zügig in die Vorstandsetagen und Aufsichtsräte führt, ist hier passend. Die Regelung führt auch zu einer höheren Visibilität von Frauen in den Unternehmen.

Während Zielgrößen für Gesellschaftsorgane (Vorstände, Aufsichtsrat, Geschäftsführung) eindeutige Bezugspunkte haben, sehen wir bezüglich der Umsetzung dieser Regelung bezüglich des obersten Managements gewisse Schwierigkeiten. Schon in der Begründung des Gesetzentwurfs wird deutlich, dass der Gesetzgeber sich nicht in die internen Konzernstrukturen einmischen will, indem dort Gesellschaften mit flacher Hierarchie freigestellt wird, ggf. nur für eine Führungsebene unterhalb des Leitungsorgans Zielgrößen festzulegen. Ähnliche Fragen stellen sich jedoch auch in Holding-Strukturen und international agierenden Konzernen.

Schon jetzt ist zu beobachten, dass sich große Konzerne mit Blick auf die kommende gesetzliche Regelung teils weniger mit der Frage befassen, wie sie, auch mithilfe von Zielgrößen, effektive Pipelines schaffen, die Frauen in die Führungspositionen führen, sondern mehr mit der Frage, wie sie die gesetzliche Vorgabe formell auf dem Papier erfüllen können, ohne in der Substanz etwas verändern zu müssen. Vor diesem Hintergrund plädieren wir dafür, den Unternehmen für die Erfüllung der – zunächst ja nur durch die Offenlegungspflichten und darauf folgende kritische Öffentlichkeit sanktionierte – Pflicht zur Festlegung selbstbestimmter Zielgrößen möglichst große Flexibilität einzuräumen.

Insbesondere: Konzernweite Betrachtung der Führungsebenen

Hier empfiehlt es sich insbesondere, Konzernen die Möglichkeit zu eröffnen, Zielgrößen auch konzernweit festzulegen (selbstverständlich unter der Voraussetzung hoher Transparenz über die einbezogenen Konzernunternehmen und dem Nachweis der angewandten konzernweiten Betrachtung).

Zahlreiche große Konzerne setzen ihre Personalentwicklung nicht auf der Ebene der einzelnen Tochtergesellschaften, sondern konzernweit auf und definieren ihren Pool von Top-Führungskräfte nicht national, sondern unter Einbeziehung ausländischer Tochtergesellschaften. Und viele deutsche Konzerne haben Tochter- und Enkelunternehmen, die für sich genommen aufgrund der Mitarbeiterzahl der Mitbestimmung unterliegen und nach dem derzeitigen Gesetzentwurf zur Festsetzung separater Zielgrößen verpflichtet sind. Bei größeren Konzernen kann das dazu führen, dass für 20 bis 30 selbständige Einheiten eigenständige Zielvorgaben für zwei Managementebenen festzusetzen sind. Diese Zielgrößen auf die Zugehörigkeit von Managerinnen zu einer bestimmten Tochter- oder Enkelgesellschaft zu beziehen, ist für manche problemlos zu bewältigen, bei anderen kann  es aber zu Widersprüchen  führen zwischen den für die Zielvorgaben relevanten Management-Ebenen und den tatsächlichen Reporting Lines (Stichwort: Matrixorganisation) und der innerhalb der Unternehmen praktizierten Definition von Führungskräften. Solchen Unternehmen sollte bei Nachweis alternativ eine konzernweite Betrachtung bei der Festlegung von Zielgrößen für die obersten Management-Ebenen ermöglicht werden, um das Ziel des Gesetzes, mehr Frauen in echte Führungspositionen zu bringen, wirksamer zu erfüllen.

Die Pflicht zur Setzung von Zielgrößen auf der Ebene von Tochter- und Enkelunternehmen könnte dieses Ziel konterkarieren, was an folgendem Beispiel deutlich wird: die stellvertretende Geschäftsführerin einer kleineren Service-Gesellschaft (mit mehr als 500 Mitarbeitern, daher mitbestimmt) eines großen Konzerns soll eine im Machtgefüge des Unternehmens sehr viel höher zu bewertende Position in einer ausländischen Tochtergesellschaft übernehmen. Obwohl hier eine Frau in eine wichtige Führungsposition aufsteigen würde, würde die bedeuten, dass einerseits die Zielgröße für die oberste Management-Ebene bei der Service-Tochter sinkt und andererseits der Aufstieg nicht als Erfolg verzeichnet werden könnte, weil er keiner Zielgröße in Deutschland zuzurechnen ist. In dieser Situation wäre zu befürchten, dass die Beförderung möglicherweise unterbleibt, um das Unternehmen nicht wegen Unterschreitung von Zielgrößen in ein schlechtes Licht zu rücken.

FidAR plädiert dafür, den Unternehmen größtmögliche Flexibilität bei der Entwicklung der für das konkrete Unternehmen passenden Definition von Führungsebenen und der Handhabung von Konzernsachverhalten sowie der internationalen Dimension des Themas zu ermöglichen, um ausreichend Anreize für effektive (Be)-Förderung von Frauen zu schaffen. Hohe Flexibilität und hohe Transparenz sind jedoch miteinander so zu verbinden, dass sie wirksam werden; d.h. die Unternehmen würden verpflichtet, die von ihnen im Einzelfall angewandten Kriterien und Bezugsgrößen präzise anzugeben und zu erläutern. Dieser Ansatz wird unseres Erachtens auch zu einer höheren Akzeptanz der neuen Regelungen führen und Anreize für formalistische Umgehungen verringern.

 

III.        Öffentliche Unternehmen

Die Begründung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung geht davon aus, die Novellierung des Bundesgremienbesetzungsgesetzes (BGremBG) führe dazu, dass der Bund bei den Bundesunternehmen der Privatwirtschaft „mit gutem Beispiel vorangeht“ (BT-Drucksache 18/3784, S. 50).

Nimmt man die größte und bekannteste Bundesbeteiligung, die Deutsche Bahn AG, handelt es sich bei dieser um ein dem Mitbestimmungsgesetz unterliegendes Unternehmen. Da sie nicht börsennotiert ist, gilt die fixe Quote für die Deutsche Bahn AG nicht. Dies halten wir für einen Fehler und einen weiteren Grund dafür, die fixe Quote auf alle der paritätischen Mitbestimmung unterliegenden Gesellschaften anzuwenden. Dafür gilt ab 2016 für Neubesetzungen der Anteilseignerseite des Aufsichtsrats der Deutschen Bahn AG (d.h. der von der Bundesregierung zu benennenden Vertreter) der neue § 4 Abs. 1 BGremBG gelten, wonach eine Geschlechterquote von mindestens 30% zu erreichen ist, also eine mit der Regelung für die Privatwirtschaft vergleichbare Regelung.

Die Sanktion im Fall der Nichterfüllung ist jedoch nach § 4 Abs. 3 BGremBG beschränkt auf die Pflicht, das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend zu unterrichten und die Nichterreichung zu begründen. Diese Unterrichtung ist mit keinerlei Sanktionen verbunden. Die sehr viel spürbarere Sanktion des „leeren Stuhls“ gilt für die Bahn AG also nicht. Außerdem gilt die 30%-Quote bei der Deutschen Bahn AG nach der Konzeption des Gesetzes nur für die vom Bund zu bestellenden Vertreter. Die Arbeitnehmer- und Gewerkschaftsseite bleiben in diesem Beispiel sogar von jeglicher Vorgabe für eine Geschlechterquote frei.

Aus unserer Sicht sollten für Gesellschaften im Bundesbesitz schlicht dieselben Regelungen gelten, wie das Gesellschaftsrecht sie für Privatunternehmen vorsieht, wobei auf das Kriterium der Börsennotierung bei Gesellschaften in mehrheitlichem Bundesbesitz verzichtet werden sollte. Damit würde ein großer wirtschaftlich agierender Konzern wie die Deutsche Bahn AG genauso behandelt wie vergleichbare große Unternehmen der Privatwirtschaft in Deutschland.

Noch deutlicher ist im Geltungsbereich klarzustellen, dass die Regelungen der Zielvorgaben ab 2015 für die Unternehmen des Bundes gleichermaßen gelten. (Für Unternehmen, die sowohl börsennotiert und voll mitbestimmt oder aber nur börsennotiert oder mitbestimmt sind, gelten zugleich beziehungsweise darüber hinaus die neuen gesetzlichen Vorgaben im Gesellschaftsrecht (Quoten – und verbindliche Zielvorgaben). Im Geltungsbereich heißt es weiter: Unternehmen des Bundes sollen auf die entsprechenden Anwendungen, Zielvorgaben ab der jeweils untersten Führungsebene hinwirken; dies lässt wieder Interpretationsspielraum zu und wirkt nicht verpflichtend.

Zusammengefasst lässt sich aus Sicht von FidAR feststellen, das Gesetz geht in die richtige Richtung: Wir hätten uns an einigen Stellen mehr gewünscht, sehen aber vorrangig jetzt die Notwendigkeit, den Entwurf mit den gebotenen Klarstellungen und Detailänderungen, die vorstehend angeregt wurden, zu verabschieden. Damit endlich mit der Umsetzung auf allen Ebenen begonnen und nicht mehr nur diskutiert und blockiert wird. Jetzt können alle Akteure beweisen, dass sie die vom Gesetzgeber gebotene Chance ernst nehmen und mit der Festlegung der Zielvorgaben in diesem Jahr den ersten Schritt zur Umsetzung des Gesetzes unternehmen.

 Berlin, den 16.02.2015

Monika Schulz-Strelow
Präsidentin FidAR e.V.

Jutta von Falkenhausen
Vize-Präsidentin FidAR e.V.