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FidAR-Präsidentin: „Wir wollen nicht weitere 30 Jahre auf Chancengleichheit in der Wirtschaft warten“

30.5.2012: FIDAR FORDERT GESETZLICHE MINDESTQUOTE FÜR FRAUEN IN FÜHRUNGSETAGEN


  • Eintreten der Bundeskanzlerin für die FlexiQuote - mehr als ein politischer Schachzug?
  • FidAR-Präsidentin Schulz-Strelow begrüßt Hamburger Bundesratsinitiative für gesetzliche Quote
  • Women-on-Board-Index zeigt: “Fortschritte nach wie vor zu gering“
  • FidAR-Forum IV fordert von Frauen und Männern neue, gemeinsame Denkansätze für mehr Chancengleichheit in der Wirtschaft – keine Schuldzuweisung sondern Lösungen

Berlin, 30.05.2012: Nach Medienberichten haben sich Bundeskanzlerin Angela Merkel und der CSUVorsitzende Horst Seehoferauf die Einführung der sogenannten FlexiQuote für mehr Frauen in Führungspositionen verständigt. Nahezu zeitgleich hat die Hamburger Justizsenatorin Jana Schiedek für Juni eine neue Bundesratsinitiative für eine gesetzliche Mindestquote von 40 Prozent Frauen in Aufsichtsräten angekündigt.

„Wir begrüßen, dass die Bundeskanzlerin sich nun offensichtlich zur Frage der Chancengleichheit in den Führungsetagen der Wirtschaft positioniert hat“, erklärt FidAR-Präsidentin Monika Schulz-Strelow anlässlich des heutigen FidAR-Forums in Berlin. „Die FlexiQuote ist aber nur ein erster Schritt. Damit wird lediglich die Selbstverpflichtung der Unternehmen, die bereits seit 2 Jahren vom Deutschen Corporate Governance Kodex gefordert wird, gesetzlich verankert. Wie man aber am Vorschlag aus Hamburg sieht, setzt sich parteiübergreifend die Erkenntnis durch, dass Veränderungen nur durch klare Vorgaben erreicht werden können. Auch der aktuelle Women-on Board-Index zeigt, dass die Fortschritte unter dem Strich bei weitem nicht ausreichen, obwohl viele Unternehmen, schon jetzt aktiv mehr Frauen in Führungspositionen berufen. Beim jetzigen Tempo müssten wir allerdings weitere 30 Jahre warten, bis ein Drittel der Aufsichtsräte Frauen sind. Daher setzen wir darauf, dass die FlexiQuote bald durch gesetzlich verbindliche Vorgaben abgelöst wird.“

Aus der Sicht der Wirtschaft erklärte BDI-Hauptgeschäftsführer Markus Kerber zur aktuellen Diskussion um politische Vorgaben zur Erhöhung des Anteils von Frauen in Führungspositionen: „Angesichts der Bevölkerungsentwicklung gebietet allein schon die wirtschaftliche Logik, mehr Frauen in unternehmerische Verantwortung zu bringen. Die positiven Entwicklungen der letzten Jahre zeigen, dass wir mit Selbstverpflichtungen erfolgreich sind. Zugleich sind wir jedoch auf gesellschaftliche Rahmenbedingungen angewiesen, die es Frauen und Männern gleichermaßen ermöglichen, die entsprechenden Stufen auf der Karriereleiter zu erklimmen. Wichtig ist für uns, dass freiwillige Lösungsansätze weiter gefördert und branchenspezifische Besonderheiten angemessen berücksichtigt werden.“

Nach dem heute zum FidAR Forum IV vorgelegten aktuellen Women-on Board-Index von FidAR (Stand 14.05.2012) ist der Frauenanteil an der Führungsspitze börsennotierter Unternehmen in Deutschland seit Januar 2011 um 2,2 Prozentpunkte gestiegen (www.fidar.de/wob-index.html). In den Aufsichtsräten und Vorständen der 160 DAX, MDAX, SDAX und TecDAX-Unternehmen sind insgesamt lediglich 8,7 Prozent Frauen vertreten, davon 13,7 Prozent in den Aufsichtsräten und 3,7 Prozent in den Vorständen. Nach wie vor stellt die Arbeitnehmerseite deutlich mehr Frauen in den Aufsichtsräten. Betrachtet man ausschließlich die Anteilseignerseite, liegt der Frauenanteil bei nur 5,4 Prozent. Noch immer ist in 57 der 160 DAX-Unternehmen weder im Aufsichtsrat noch im Vorstand eine Frau vertreten. Mit der Berufung von Dagmar P. Kollmann in den Aufsichtsrat hat sich die Deutsche Telekom hinter den Spitzenreitern GfK, Douglas und Deutz in der letzten Woche auf Platz 4 vorgeschoben.

„Die deutschen privaten wie öffentlichen Unternehmen haben nach wie vor gewaltigen Aufholbedarf bei der Chancengleichheit. Veränderungen dürfen nicht von Legislaturperioden abhängig gemacht werden. Politiker müssen auch unbequeme Themen angehen. Es ist wichtig, dass Bundeskanzlerin Merkel eine klare Aussage trifft, denn .der Druck darf jetzt nicht nachlassen“, betont Schulz-Strelow. „Dem Ansatz sollte sich die FDP auch nicht verweigern. Die FlexiQuote darf aber nicht als Trostpflaster für das Betreuungsgeld diskreditiert werden.“

Nach einer aktuellen Untersuchung von FidAR baut der Verweis auf die Aufsichtsratswahlen im Jahr 2013 zwar eine Erwartungshaltung für Neubesetzungen auf, führt jedoch nicht wirklich weiter. „Auch schon 2012 wurden zahlreiche Aufsichtsräte neu bestimmt. 2013 ist bei weitem nicht das Schlüsseljahr für Aufsichtsratswahlen. Lediglich in 29 Prozent der 160 DAX, MDAX-, SDAX und TecDAX-Unternehmen werden im kommenden Jahr die Aufsichtsräte neu gewählt, Wir sollten hier und jetzt die Weichen für eine gleichberechtigte Präsenz von Frauen in Führungspositionen stellen, damit in den Folgejahren die Benennung von Frauen Teil des normalen Nominierungsprozesses wird“, so Schulz-Strelow.

Im Umspannwerk Kreuzberg in Berlin kommen heute beim FidAR-Forum IV über 350 VertreterInnen aus Wirtschaft, Wissenschaft, Medien und Politik zusammen, um sich in mehreren Foren einzubringen und ihre Positionen und Forderungen für mehr Gleichberechtigung in der Wirtschaft zu formulieren. BDI-Hauptgeschäftsführer Dr. Markus Kerber wird die Sicht der deutschen Wirtschaft erläutern. Ferner spricht die ehemalige Präsidentin von Lettland Vaira Vike-Freiberga, über die Erhöhung des Frauenanteils in den Führungspositionen der Wirtschaft aus der Sicht der europäischen Nachbarn. Das FidARForum wird vom Bundesministerium für Familien, Senioren, Frauen und Jugend gefördert. Das komplette Programm der Veranstaltung finden Sie im Internet unter www.fidar-einegutewahl.de.


Weiterführende Dateien:
PM_120530_FidAR-Forum-IV_end.pdf36 K