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FidAR-Pressemitteilung vom 18.11.2015

2 Jahre nach dem Durchbruch für mehr Frauen in Führungspositionen: Der Ruck durch die Wirtschaft ist noch nicht sichtbar


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Berlin, 18.11.2015: Heute vor zwei Jahren erzielten CDU/CSU und SPD im Rahmen der Koalitionsverhandlungen den Durchbruch: Ab 2016 sollte in Deutschland bei Neubesetzungen ein gesetzlicher Mindestanteil von 30 Prozent Frauen in Aufsichtsräten gelten. Noch hat die Wirtschaft dies jedoch lange nicht erreicht: Nach dem Women-on-Board-Index von FidAR (www.wob-index.de) sind aktuell 21,9 Prozent der Kontrolleure der 160 im Dax notierten Unternehmen Frauen, 2013 lag der Wert bei 17,23 Prozent – immerhin ein Zuwachs von 4,7 Prozentpunkten. In den Vorständen ging der Frauenanteil im gleichen Zeitraum dagegen von 6 auf 5,4 Prozent zurück. Auch die aufgrund des Gesetzes zu veröffentlichenden Planzahlen zum angestrebten Frauenanteil in Aufsichtsrat, Vorstand und den zwei obersten Führungsebenen sind, soweit bislang bekannt, nur bei wenigen Unternehmen wirklich ambitioniert.

„In Berlin wurden vor 2 Jahren politisch die Weichen gestellt. Ein echter Ruck ist aber nicht durch die Wirtschaft gegangen. In vielen der von dem Gesetz betroffenen Unternehmen haben interne Diskussionen eingesetzt, doch direkten Handlungsbedarf scheinen nur wenige zu sehen“, betont FidAR-Präsidentin Monika Schulz-Strelow. „Die Große Koalition hat der Wirtschaft viel Spielraum zur Umsetzung eingeräumt. Wenn es aber nur bei Absichtserklärungen bleibt, werden wir verbindlichere Regelungen fordern.“

Zum 30. September 2015 sind börsennotierte oder mitbestimmungspflichtige Unternehmen in Deutschland verpflichtet, Zielgrößen zum angestrebten Frauenanteil in Aufsichtsrat, Vorstand und den zwei obersten Führungsebenen festzulegen und zu erklären, innerhalb welcher Frist sie diese erreichen wollen. Die entsprechende Erklärung ist allerdings erst im Lagebericht zu veröffentlichen. Einige DAX-Konzerne haben bereits Angaben zu ihren Planzahlen auf der Homepage veröffentlicht. Diese Zielvorgaben erscheinen aber nur in den wenigsten Fällen geeignet, eine signifikante Erhöhung des Anteils von Frauen in den Führungsetagen der Unternehmen zu bewirken.

„Viele Unternehmen planen keine Zuwächse. Bei anderen lassen die Planzahlen Ehrgeiz vermissen. Ginge es bei den Planzahlen um das Unternehmenswachstum, würden die Unternehmen an der Börse auf Talfahrt gehen“, betont Schulz-Strelow. „Für weitreichende Veränderungen brauchen wir eine signifikante Steigerung des Frauenanteils auf allen Führungsebenen. Ich frage mich, was Entscheider daran hindert, dies umzusetzen und endlich für gleichberechtigt besetzte Gremien zu sorgen?“

Diese Entwicklung spiegelt das Ergebnis des Stimmungsbarometers wider, das FidAR im Frühjahr gemeinsam mit dem Fraunhofer Institut, infas und A.T. Kearney erarbeitet hat. 54 Prozent der befragten Unternehmen hatten zu diesem Zeitpunkt noch keine Zielgrößen definiert und planten dies auch nicht. Trotz ihrer überwiegend ablehnenden Haltung zu den gesetzlichen Maßnahmen erhofften sich die Unternehmen aber positive Effekte von der Festlegung von Zielgrößen zur Steigerung des Frauenanteils – etwa eine höhere Reputation, steigende Attraktivität des Unternehmens für Bewerberinnen, die Beteiligung von Frauen auf allen Ebenen oder positive Auswirkungen auf den Unternehmenserfolg.

„Die gesetzliche Regelung hat den Ball an die Unternehmen zurückgespielt und ihnen viel Flexibilität gelassen. Jetzt sollten sie die Chance nutzen, mehr für die Gleichberechtigung bei der Karriereentwicklung zu tun. Wichtig ist, dass die Unternehmen die Vorteile von mehr Frauen in Führungspositionen in Bezug auf die Kunden und das Image als Arbeitgeber klar benennen. Sie können mit mehr Frauen nur gewinnen“, so Schulz-Strelow.

FidAR wird die Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben weiterhin kritisch beobachten. Für Transparenz bezüglich der Entwicklung sorgt bei den 160 DAX-Unternehmen und den 100 börsennotierten und mitbestimmten Unternehmen, für deren Aufsichtsräte ab Januar 2016 eine feste Quote von 30 Prozent gilt, der von FidAR entwickelte Women-on-Board-Index, während der Public Women-on-Board-Index die öffentlichen Unternehmen unter die Lupe nimmt.