Women-on-Board-Index zeigt Handlungsbedarf bei Frauen in Führungspositionen
FIDAR ERHÖHT DRUCK FÜR FRAUENQUOTE
- Erstes Ranking börsennotierter Unternehmen nach dem Frauenanteil in Führungspositionen
- GfK, Douglas und Deutz im Ranking auf den ersten drei Plätzen
- Exklusive Untersuchung aller 160 im DAX, MDAX, SDAX und TecDAX notierten Unternehmen
- Forderungen des Corporate Governance Kodex zeigen erste Wirkung
Berlin, 17.02.2011: Frauen sind in der Führungsspitze börsennotierter Unternehmen in Deutschland nach wie vor eklatant unterrepräsentiert. In den Aufsichtsräten und Vorständen der DAX, MDAX, SDAX und TecDAX-Unternehmen sind insgesamt lediglich 6,5 Prozent Frauen vertreten. In den Aufsichtsräten liegt die Quote bei 10 Prozent, in den Vorständen bei nur 3 Prozent. GfK, Douglas und Deutz sind Vorreiter beim Frauenanteil in den Leitungs- und Kontrollgremien der börsennotierten Unternehmen in Deutschland. Dies ergibt der heute in Berlin veröffentlichte Women-on-Board-Index der Initiative FidAR – Frauen in die Aufsichtsräte. Der WoB-Index ist das erste Ranking von börsennotierten Unternehmen auf der Basis des Frauenanteils in der Führungsspitze. Die Grundlage dafür bildet eine Befragung der 160 im DAX, MDAX, SDAX und TecDAX notierten Unternehmen.
„Mit dem Women-on-Board-Index schafft FidAR mehr Transparenz“, erklärt Monika Schulz-Strelow, Präsidentin von FidAR. „Der Index wird ab sofort laufend die Entwicklung hin zu einer stärkeren Präsenz von Frauen in den Führungsetagen der Wirtschaft offen legen. Wir brauchen diesen öffentlichen Druck, damit sich die Unternehmen endlich mehr bewegen. 93,5 Prozent Männerquote in Aufsichtsräten und Vorständen ist nicht mehr hinnehmbar.“
FidAR greift mit dem Index die im Deutschen Corporate Governance Kodex enthaltene Empfehlung auf, für mehr Vielfalt (Diversity) in Aufsichtsrat und Vorstand der Unternehmen zu sorgen. Während die im Juni 2009 verabschiedete Empfehlung, bei den Vorschlägen zur Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern auch auf „Vielfalt (Diversity)“ zu achten, nahezu folgenlos blieb, zeigt die Untersuchung von FidAR, dass die Unternehmen sich seit der Reform des Kodex im Mai 2010 spürbar mit Maßnahmen für mehr Gleichberechtigung auseinandersetzen. Denn der Kodex fordert jetzt dazu auf, konkrete Ziele für einen angemessenen Anteil von Frauen in den Kontrollgremien zu benennen und zu veröffentlichen.
„Die Regierungskommission deutscher Corporate Governance Kodex hat vor gut zwei Jahren bewusst die Empfehlung für mehr qualifizierte Frauen in Aufsichträten und Vorständen in den Kodex für gute Unternehmensführung aufgenommen“, betont Dr. Manfred Gentz, Mitglied der Regierungskommission und Aufsichtsratsvorsitzender der Deutschen Börse AG. „Wir können es uns auf Dauer nicht erlauben, auf die Wissensressourcen und Kompetenzen von Frauen in Führungsgremien zu verzichten. Dies ist nicht im Unternehmensinteresse und damit schlechte Corporate Governance. Die Kodex-Reform zeigt Wirkung. In den letzten zwei Jahren sind mehr Frauen in Vorstände und Aufsichtsräte börsennotierter Unternehmen berufen worden als in den zehn Jahren zuvor. Wir wissen, dass dies bei weitem noch nicht genug ist. Deshalb hat der Kodex im letzten Jahr seine Empfehlungen noch einmal ergänzt und verstärkt. Statt über neue Gesetze zu diskutieren, sollte die Politik den Unternehmen die Zeit geben, die Kodex-Empfehlungen umzusetzen.“
Vor dem Hintergrund der Kodex-Empfehlung hat FidAR auch die Entsprechenserklärungen und Corporate Governance Berichte analysiert, in denen die Unternehmen den Weg zu einer angemessenen Vertretung von Frauen in Aufsichtsrat und Vorstand dokumentieren. Ein Viertel der Unternehmen weicht in Bezug auf Vielfalt explizit vom Kodex ab, lediglich 18 Unternehmen kündigen eine Planung zur angemessenen Vertretung von Frauen in der Unternehmensführung an. „Die Kodex- Empfehlung hat viele Unternehmen aufgeschreckt. Im Zuge der Befragung zeigt sich, dass in den Aufsichtsräten mit Hochdruck an Strategien für mehr Chancengleichheit gearbeitet wird. Wir werden präzise verfolgen, welche Veränderungen in den nächsten zwei Jahren eintreten“, so Schulz-Strelow.
Der Chefredakteur des manager magazins, Dr. Arno Balzer, fordert die Unternehmen auf, endlich aktiv zu werden: "Es gehören eindeutig mehr Frauen ins Topmanagement deutscher Unternehmen. Die Selbstverpflichtungen vieler Konzerne sind ein schöner Anfang. Aber mindestens ebenso wichtig ist es, die Aktivitäten der Unternehmen zu beaufsichtigen. Der WoB-Index von FidAR ist deshalb unverzichtbar. Denn Fortschritt wird nur sichtbar, wenn er präzise gemessen wird. Wir haben als modernes Wirtschaftsmagazin in dieser Frage eine klare Grundhaltung: Wir befürworten einen nachhaltigen Weg zur Aufstockung des Frauenanteils in den Chefetagen. Dabei geht es nicht darum erstklassige Männer bei Beförderungen zu benachteiligen, sondern erstklassige Frauen zu fördern."
Im WoB -Index schneiden insbesondere kleinere Unternehmen gut ab. Nur die Siemens AG hat es als einziges DAX-Unternehmen unter die ersten 10 geschafft. Das Ranking der Unternehmen nach dem Frauenanteil in Aufsichtsrat und Vorstand führt die GfK SE (SDAX/40%) an, vor der Douglas Holding AG (MDAX/30,2%), der Deutz AG (SDAX/29,2%) und der Q-Cells SE (TecDAX/26,8%). Das Verfolgerfeld bilden die Biotest AG (SDAX), die Gerry Weber AG (SDAX) und die SKW Stahl- Metallurgie Holding AG (SDAX) mit je 25 Prozent, gefolgt von der Siemens AG (DAX/22,5%), der Rhön-Klinikum AG (MDAX/17,1%), der Bechtle AG (TecDAX), der TAG Immobilien AG (SDAX) und der Centrotherm photovoltaics AG (TecDAX) mit jeweils 16,7 Prozent. Viele Unternehmen haben für die jetzt anstehenden Hauptversammlungen Veränderungen angekündigt. Die Berufung von Christine Hohmann-Dennhardt in den Vorstand der Daimler AG und die für Mai vorgesehenen Berufungen von Margret Suckale in den BASF-Vorstand sowie von Ines Kolmsee in den Aufsichtsrat der Fuchs Petrolub AG Vz sind klare Hinweise dafür, dass im laufenden Jahr 2011 mit Bewegung hinsichtlich einer stärkeren Vertretung von Frauen zu rechnen ist.
„Wir werden den Unternehmen ab sofort regelmäßig den Puls messen, ob sie die Anforderungen an eine gute Corporate Governance ernst nehmen“, so FidAR-Präsidentin Schulz-Strelow. „Wir begrüßen ausdrücklich, dass über alle Parteigrenzen hinweg eine verbindliche gesetzliche Mindestquote für den Anteil von Frauen in Aufsichtsräten und Vorständen diskutiert wird. Die Bundesregierung muss jetzt ernst machen, den Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes in börsennotierten und öffentlichen Unternehmen durchzusetzen. Aktuell steht im WoB-Index bei 74 Unternehmen die „null“, sie haben weder im Aufsichtsrat noch im Vorstand eine Frau. Es kann nicht angehen, dass die seit Juli 2001 gewährte Schonfrist der freiwilligen Selbstverpflichtung der Wirtschaft, die bisher nichts bewegt hat, nun auf 13 Jahre verlängert wird.“
Zur Erstellung des Index hat FidAR im Dezember 2010 und Januar 2011 alle 160 DAX, MDAX, SDAX und TecDAX-Unternehmen befragt. Stichtag der Daten ist der 14. Januar 2011. FidAR wird ab sofort laufend fortschreiben, welche Unternehmen effektiv den Anteil von Frauen in Führungspositionen erhöhen. Das Projekt wird vom Bundesministerium für Familien, Senioren, Frauen und Jugend gefördert und vom manager magazin als Medienpartner begleitet.
- Weiterführende Dateien:
- PM_110217_WoB-Index_end.pdf48 K