Berlin. Eva Kreienkamp übernimmt ab Oktober die Führung der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG). In der Verkehrsbranche arbeitet sie schon länger.

Eva Kreienkamp wird neue Chefin der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG). Zum 1. Oktober 2020 soll sie den Vorstandsvorsitz einnehmen, beschlossen Aufsichtsrat und Gewährträgerversammlung der BVG am Mittwoch. Mit Kreienkamp rückt eine Managerin mit einiger Erfahrung im Mobilitätssektor an die Spitze von Deutschlands größtem Nahverkehrsunternehmen. Seit 2015 ist die 57-Jährige Co-Geschäftsführerin der Mainzer Verkehrsgesellschaft (MVG).

In dieser Zeit habe sie wesentlich die Digitalisierung des kommunalen Verkehrs bei der Mainzer Mobilität sowie große Infrastrukturprojekte vorangetrieben, teilte die BVG mit. Zuvor war die gebürtige Rheinland-Pfälzerin von 2009 bis 2014 Chefin des privaten Bahnunternehmens Hamburg-Köln-Express (HKX). Kreienkamp wurde erst im September auf die Liste der Top-Frauen in der Mobilitätsbranche gewählt. Gleichwohl stößt sie mit ihrem Wechsel nach Berlin in andere Dimensionen vor. Befördert die MVG nach eigenen Angaben täglich 180.000 Fahrgäste, zählen die Berliner Verkehrsbetriebe am Tag rund 2,9 Millionen Fahrten.

BVG: Neue Chefin Eva Kreienkamp leitete zuvor die Verkehrsgesellschaft in Mainz

Nach mehreren Monaten der Unklarheit ist damit entschieden, wer die Nachfolge der schon Ende 2019 auf den Chefposten der Güterverkehrssparte der Deutschen Bahn gewechselten Sigrid Nikutta übernimmt. Mit Eva Kreienkamp habe man „eine ausgewiesene Fachfrau“ für den Vorstandsvorsitz der BVG gewinnen können, sagte die BVG-Aufsichtsratsvorsitzende, Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Grüne). „Die großen Herausforderungen, vor denen die BVG steht, wie die Auswirkungen der Pandemie, aber auch der weitere Ausbau des Nahverkehrs, die Elektrifizierung der Busflotte und die Digitalisierung von Mobilitätsangeboten brauchen Kompetenz, Zielstrebigkeit und Verbindlichkeit – all das bringt Eva Kreienkamp mit.“ Sie sei überzeugt, dass Kreienkamp die Erfolgsgeschichte der BVG weiterführen werde.

Die neue Chefin hat schon Anfang des Jahrtausends während Stationen bei der Berlinwasser Holding AG Berlinwasser Holding Ag, der Telekommunikationsgesellschaft BerliKomm in der Hauptstadt gelebt. Nun freut sie sich, nach Berlin zurückzukehren. „Als Vorstandsvorsitzende die BVG ins nächste Jahrzehnt zu führen, ist für mich Ehre und Herausforderung zugleich“, sagte Kreienkamp. Diese wolle sie nun annehmen.

Kreienkamp gründete Beratungsunternehmen für Gender-Marketing und Diversity-Management.

Die Diplom-Mathematikerin arbeitete vor ihrer Zeit in der Mobilitätsbranche ab 1991 zehn Jahre lang im Management der Allianz und stieg dort zur Senior Vice President der Versicherungsgruppe auf. Neben ihrer Erfahrung im Mobilitätssektor dürften BVG-Aufsichtsratschefin Pop noch weitere Faktoren von Kreienkamp überzeugt haben. So etwa ihr Einsatz für mehr Diversität in Betrieben. Die Managerin sieht es als wichtige Aufgabe an, Menschen unterschiedlicher Herkunft, Geschlechts und sexueller Orientierung im Unternehmen zu fördern.

Schon 1995 rief sie das LGBTI-Netzwerk der Allianz ins Leben. 2001 gründete die offen lesbisch lebende Kreienkamp mit ihrer Frau das Beratungsunternehmen Frischco für Gender-Marketing und Diversity-Management. Zudem ist sie Mitgründerin des Netzwerks Wirtschaftsweiber und des Vereins „FidAR – Frauen in die Aufsichtsräte“. Für ihr Engagement für die LGBTI-Community belegte sie im vergangenen Jahr den ersten Platz bei „Germany’s Top 100 Out Executives“, einem Ranking für erfolgreiche Manager die sich als lesbisch, schwul, trans-, inter- oder bisexuell definieren.

"Eine erfahrene Managerin aus der Verkehrsbranche"

„Ich begrüße, dass eine erfahrene Managerin aus der Verkehrsbranche für die BVG gefunden werden konnte“, sagte der verkehrspolitische Sprecher der FDP, Henner Schmidt. Die neue BVG-Chefin müsse den Betrieb auf eine moderne Mobilitätslandschaft hin ausrichten und dafür digitalisieren und flexibilisieren. „Außerdem muss die neue Vorstandsvorsitzende beim Senat darum kämpfen, dass die Mittel für das notwendige Investitionsprogramm der BVG trotz sinkender Steuereinnahmen in den nächsten Jahren zuverlässig bereitgestellt werden.“

Auch Linke-Verkehrssprecher Kristian Ronneburg rief die neue Vorstandsvorsitzende auf, gegenüber der Berliner Politik forsch aufzutreten. „Sie soll die Kerninteressen der BVG gegenüber der Politik deutlicher formulieren als das in der Vergangenheit geschehen ist.“ Kreienkamps Hauptaufgabe werde sein, die Corona-Krise zu meistern. „Wir müssen nicht nur den Betrieb stabilisieren, sondern auch die Attraktivität des ÖPNV steigern.“ Kreienkamp übernehme eine „Großbaustelle“, sagte Jens Wieseke vom Berliner Fahrgastverband Igeb. Die BVG müsse „endlich wieder mehr Sein als Schein“ darstellen.

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