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FidAR Pressemitteilung zum Public WoB-Index vom 08.09.2022
Public WoB-Index: Kein Schub für mehr Frauen im Public Sector / Kaum Zuwachs beim Frauenanteil in Aufsichtsrat und Top-Management
FidAR Pressemitteilung Public WoB-Index zum Download als PDF
Bundesfrauenministerin Paus: „Bundesunternehmen müssen mehr Dynamik entwickeln.“
FidAR-Gründungspräsidentin Schulz-Strelow: „FüPoG II ist eine Chance, besser zu werden.“
FidAR-Vize-Präsidentin Seng: „Die Latte liegt für alle öffentlichen Unternehmen höher.“
Berlin, 08.09.2022: Die öffentlichen Unternehmen in Deutschland steigern den Frauenanteil in den Spitzenetagen weiterhin nur sehr langsam. Trotz der erhofften Impulse durch das Führungspositionengesetz II (FüPoG II) ist weder in den Kontrollgremien noch im Top-Management eine Aufbruchstimmung spürbar. Zwar ist der Frauenanteil in den Aufsichtsgremien der 261 größten Beteiligungen von Bund und Ländern leicht auf 35,8 Prozent (2021: 34,7 %) und in den Top-Managementorganen auf 23,2 Prozent (2021: 22 %) gestiegen. Angesichts der breiten Diskussion um das FüPoG II und des erhöhten öffentlichen Drucks für mehr Geschlechtergerechtigkeit und Diversität war aber eine stärkere Dynamik erwartet worden. Das sind die Ergebnisse des heute vorgestellten Public Women-on-Board-Index von FidAR mit Stand 01.01.2022.
Mindestbeteiligungsgebot wirkt im öffentlichen Sektor noch nicht
Bislang haben die Regelungen des FüPoG II bei den öffentlichen Unternehmen kaum Wirkung entfaltet. Allerdings gelten die neuen Vorgaben wie das Mindestbeteiligungsgebot und die erweiterte Quote für Aufsichtsgremien auch erst ab diesem Jahr. Unter das seit 1. August 2022 geltende Mindestbeteiligungsgebot fallen 37 Bundesbeteiligungen, von diesen hatten zum Erhebungszeitpunkt des Public WoB-Index noch zehn – vorwiegend aus dem Verkehrsbereich – ein frauenfreies Top-Managementorgan: Autokraft, DB Energie, DB Systemtechnik, Facility for Antiproton and Ion Research in Europe, GSI Helmholtzzentrum für Schwerionenforschung, Omnibusverkehr Franken, Regionalverkehr Alb-Bodensee, Regionalverkehr Oberbayern, S-Bahn Hamburg und SBG Südbadenbus.
Lisa Paus: „Für den Bund gelten strengere Regeln als für die Privatwirtschaft“
„Ohne gesetzlichen Druck bewegt sich noch immer zu wenig in den obersten Management-Etagen, das zeigt einmal mehr der aktuelle Public-WoB-Index. Ab sofort wird es allerdings ernst: Die Übergangsfristen des FüPoG II sind gerade abgelaufen. Vor allem die öffentlichen Unternehmen werden sich jetzt anstrengen müssen, die für sie gültigen Vorgaben des Gesetzes umzusetzen, denn die sind strenger als für die Privatwirtschaft. Sicher ist: Mit ausschließlich männlichen Vorständen und Führungsetagen wird bald Schluss sein“, betont Bundesfrauenministerin Lisa Paus. „Der Public WoB-Index zeigt uns, welche öffentlichen Unternehmen gut aufgestellt sind und wo Aufholbedarf besteht. Insgesamt wird aber deutlich: Wir brauchen schnell mehr Frauen in den Führungsetagen, das gilt für die Bundesunternehmen genauso wie für die Beteiligungen der Länder und Kommunen. Unser Ziel bleibt die paritätische Besetzung der Aufsichtsgremien und des Managements der wichtigsten Bundesbeteiligungen. Denn die Unternehmen selbst und ihre Beschäftigten profitieren von mehr Frauen im Top-Management.“
Monika Schulz-Strelow: „Mehr Transparenz bei den Zielgrößen erforderlich“
„Seit 2015 sprechen wir über mehr Frauen in Führungspositionen der öffentlichen Unternehmen, seit Oktober 2020 ist klar, dass die gesetzlichen Regelungen verschärft werden. Doch passiert ist viel zu wenig. In der Privatwirtschaft wurde das Mindestbeteiligungsgebot antizipiert und schon vor dessen Geltung mehr Frauen in die Vorstände berufen. Bei den Bundes- und Länderbeteiligungen ist dagegen kaum Dynamik zu spüren. Das FüPoG II sollte auch von den öffentlichen Unternehmen als Chance verstanden werden, besser zu werden“, erklärt FidAR-Gründungspräsidentin Monika Schulz-Strelow, die den Public WoB-Index federführend betreut. „Insbesondere das mangelnde Engagement bei den Zielgrößen ist erschreckend. Hier liegt der Hebel, strategisch mehr Frauen in die Führungsetagen der Beteiligungen zu bringen und dieses Ziel öffentlich zu dokumentieren. Stattdessen liegen von knapp einem Drittel (29,1 %) der 127 zielgrößenpflichtigen Unternehmen keine Planziele vor. Mit dem Public WoB-Index schaffen wir die notwendige Transparenz und zeigen, welche Unternehmen keine Zielgrößen vorlegen oder mit frauenfreien Führungsetagen planen.“
Anja Seng: „Manche öffentlichen Unternehmen bewegen sich doch“
„Wir werden weiterhin genau prüfen, ob die erweiterten Quotenregelungen auch im öffentlichen Sektor die notwendige Signalwirkung entfalten können. Sie gelten zwar weitgehend nur für die Bundesbeteiligungen, legen aber die Latte für alle öffentlichen Unternehmen höher. Das Ziel der paritätischen Besetzung von Führungsgremien wird jedoch nur mit ambitionierten Strategien und der Bereitschaft zur kulturellen Veränderung seitens des Managements erreicht“, betont die Vize-Präsidentin von FidAR, Prof. Dr. Anja Seng. „Die Deutsche Bahn AG hat im Juli mit der Berufung von Evelyn Palla als dritter Vorständin gezeigt, welche Fortschritte auch in den großen Unternehmen des Bundes erzielt werden – der Frauenanteil im Bahn-Vorstand liegt nun bei 37,5 Prozent. Insgesamt erreichen schon 67 der von uns untersuchten 261 Unternehmen ein mindestens paritätisch besetztes Top-Managementorgan und 69 ein mit 50 Prozent oder mehr Frauen besetztes Aufsichtsgremium.“
Facts & Figures – Der Public WoB-Index im Überblick
Der Public Women-on-Board-Index von FidAR ist die bedeutendste repräsentative Studie zur gleichberechtigten Teilhabe in Führungspositionen von Frauen und Männern in öffentlichen Unternehmen in Deutschland. Für die vorliegende achte Studie wurden 261 Beteiligungen von Bund und Ländern untersucht. 127 davon sind verpflichtet, Zielgrößen für das Aufsichtsgremium, Top-Managementorgan und die obersten zwei Managementebenen festzulegen und zu veröffentlichen. Von den 103 untersuchten Bundesbeteiligungen sind 59 zielgrößenpflichtig. Bei 45 der untersuchten Unternehmen entscheidet der Bund über mindestens drei Sitze im Aufsichtsgremium. Nach dem Bundesgremienbesetzungsgesetz sollten hier 50 Prozent der in die Aufsichtsgremien entsendeten Vertretenden Frauen sein.
Der Frauenanteil in den Aufsichtsgremien der 261 untersuchten öffentlichen Unternehmen stieg auf 35,8 Prozent (2021: 34,7 %). Bei 69 Unternehmen (26,4 %) liegt der Frauenanteil in den Aufsichtsgremien bei 50 Prozent oder höher (2020: 64/24,2 %). 14 Unternehmen (5,4 %) haben jedoch keine Frauen im Aufsichtsgremium (2021: 15/6 %), 12 Unternehmen (4,6 %) haben komplett frauenfreie Führungsetagen (2021: 12/4,5 %). Der Frauenanteil in Top-Managementorganen stieg zum Vorjahr leicht auf 23,2 Prozent (2021: 22 %). Der Frauenanteil unter den Beschäftigten der 261 Unternehmen beträgt 44,6 Prozent.
Der Public WoB-Index wird gefördert vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Die Studie wird von FidAR unter wissenschaftlicher Begleitung von Prof. Dr. Michèle Morner, Leiterin des Wissenschaftlichen Instituts für Unternehmensführung und Corporate Governance, erstellt.
Die Studie zum Public WoB-Index kann unter www.public-wob-index.de eingesehen werden.
Ihre Ansprechpartnerinnen
Monika Schulz-Strelow, Gründungspräsidentin FidAR – Frauen in die Aufsichtsräte e. V., Berlin
Tel.: +49 (30) 887 14 47 13, E-Mail: monika.schulz-strelow@fidar.de
Prof. Dr. Anja Seng, Vize-Präsidentin Frauen in die Aufsichtsräte e. V., Berlin
Tel.: +49 (1 51) 12 54 64 60, E-Mail: anja.seng@fidar.de
Pressekontakt
Matthias Struwe | Eye Communications | Agentur für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Tel.: +49 (7 61) 137 62-21, E-Mail: m.struwe@eyecommunications.de
Über FidAR:
FidAR – Frauen in die Aufsichtsräte e. V. ist eine überparteiliche und überregionale Initiative, die 2006 von Frauen in Führungspositionen in Wirtschaft, Wissenschaft und Politik ins Leben gerufen wurde. FidAR strebt eine nachhaltige Erhöhung des Frauenanteils in den Aufsichtsräten deutscher Unternehmen und die Verbesserung der Unternehmenskontrolle und -kultur an. Ziel der Initiative, getragen von über 1.250 Frauen und Männern, ist die paritätische Besetzung aller Führungspositionen in der deutschen Wirtschaft. FidAR verfolgt diese Ziele im engen Austausch mit Wirtschaft, Politik, Wissenschaft und in Kooperation mit den relevanten Wirtschafts- und Frauenverbänden. Mehr Informationen zu FidAR im Internet unter www.fidar.de.