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FidAR-Süd-FOM Veranstaltung vom 27.4.2016: Best Practice und Herausforderungen zur Umsetzung des Quotengesetzes

Implementierung läuft, wenn auch (zu) langsam


Nach der Begrüßung an der FOM Hochschule am Studienzentrum München durch den wissenschaftlichen Studienleiter Prof. Dr. Gerald Mann hat Elke Benning-Rohnke, Regionalvorstand FidAR Süd im Namen von FidAR e.V. die Veranstaltung eröffnet und kurz den aktuellen Umsetzungsstand des am 6. März 2015 verabschiedeten Gesetzes zur gleichberechtigten Teilhabe von Frauen in Führungspositionen Revue passieren lassen. Zielsetzung des Abends war es, Erfolgsbeispiele für die Umsetzung des Gesetzes vorzustellen und zu diskutieren. Frau Benning-Rohke gab zu bedenken: „Bevor wir über Best Practices sprechen, muß überhaupt die Implementierung erfolgt sein.“

Zusammengefasst: „Für die vergangenen 12 Monate fühlt sich die Entwicklung positiv an – mehr und offenere Diskussion um Frauen im Top-Management; einzelne Beförderungen, doch in der Breite lassen die Zahlen allerdings keinen wesentlichen Fortschritt in der Erhöhung des Anteils weiblicher Führungskräfte auf Top Ebenen erkennen. Einige Unternehmen berauben sich mit ihrer defensiven Umsetzung des Gesetzes zur gleichberechtigten Teilhabe von Frauen und Männern in Führungspositionen, immer noch der wertvollen Potenziale hochqualifizierter Frauen", so Benning- Rohnke. Wie die aktuellen Zahlen aussehen, ist jederzeit unter www.fidar.de einsehbar.

PD Dr. Elke Holst, Expertin für Genderforschung vom DIW Berlin, skizzierte die Situation aus ihrer volkswirtschaftlichen Perspektive. Dazu nahm sie die ca. 80 Teilnehmenden mit auf eine Zukunftsreise in das Jahr 2116. Von dort blickten wir zurück auf die vergangenen 100 Jahre. So erfuhren die Teilnehmer welche  gravierenden gesellschaftliche Veränderungen wir erwarten können und befördern müssen. Als einen Faktor beschrieb Elke Holst die Folgen  der neuen „Haushaltsökonomie“: Heimarbeit wird neu bewertet, was zusammen mit den neuen Möglichkeiten der Vernetzung sowie den veränderten Arbeitsanforderungen durch die Digitalisierung zu einer Egalisierung innerhalb der Geschlechter in der Gesellschaft führte. Die Rollenverteilung von Männern und Frauen sowohl im Haushalt als auch im Beruf gleicht sind zunehmend an. Die vor hundert Jahren (also entsprechend heute) als „natürlich empfundene Ungleichbehandlung“ von Männern und Frauen bei Karrieremöglichkeiten ebenso wie bei der Entgeltgestaltung hatte sich mittlerweile überholt. Quoten gab es nicht mehr, equal pay war selbstverständlich, die veränderten staatlichen Rahmenbedingungen taten ihr übriges, um einen kulturellen Wandel zu unterstützen und Männer und Frauen gleiche Chancen zu ermöglichen. Eine inspirierende Geschichte, mit der die Expertin aber auch deutlich zeigte, dass die Implementierung des Gesetzes lange Zeit benötigen wird, bis Unternehmen, Staat und Gesellschaft den Wandel schaffen.

Zurück in der Gegenwart galt es nun, mit den eingeladenen Expertinnen und Experten zu Erfolgsstories der tatsächlichen Umsetzung ins Gespräch zu kommen. Als wesentliche Herausforderungen wurden dabei immer wieder die Themen Kulturwandel (sowohl innerhalb der Organisation als auch in der Gesellschaft), Sensibilisierung und Zeit hervorgehoben. So hat Infineon neben vielen anderen operativen Maßnahmen z.B. ein Gender Controlling etabliert, das mehr Transparenz über tatsächliche Besetzungs- und Entwicklungsprozesse gibt und somit eine gender-orientierte Führung ermöglicht. „Die selbst definierte Quote von 15% Frauen in den oberen Führungsebene ist allerdings knapp noch nicht erreicht“, so Dr. Thomas Marquardt, Global Head of Human Resources bei Infineon. Dafür hat das Unternehmen mit 37% weiblichen Aufsichtsratsmitgliedern die gesetzliche Quote bereits erfüllt.

Erna-Marie Trixl, Geschäftsführerin Vertrieb der Münchner Stadtwerke, stellte fest, „dass die gesetzliche Verankerung der Quote durchaus helfe, geeignete Frauen in Management-Positionen zu entwickeln“. Gerade in einem ehemals monopolitisch aufgestellten Unternehmen sei dies eine große Hilfe, um Veränderungsprozesse zu initiieren. „Empowerment für die Mitarbeitenden – seien sie männlich oder weiblich – ist dafür ein wichtiger Schritt.“ Sowohl die Reflektion von Stereotypen bei Führungskräften als auch die systematischen Schulungen von Personalentscheidern führten zu vermehrten Beförderungen qualifizierter Mitarbeiterinnen, so Trixl.

 

Besonders plakativ brachte es Angelika Huber-Strasser mit drei Thesen auf den Punkt:

-          Frauen sind zu wenig transparent, zu wenig vernetzt. Auch wenn es viele qualifizierte Damen für Aufsichtspositionen gibt, werden sie von den verantwortlichen Positionen in der Regel nicht wahrgenommen. Denn diese Aufgaben werden in Deutschland – so die aktuelle KMPG-fragt-nach-Studie – über persönliche Netzwerke bzw. jene von Bekannten besetzt. Headhunter als „neutrale Multiplikatoren“ kommen erst viel später ins Spiel.

-          Frauen unterliegen der Fleißlüge. Anstelle von weiteren Schulungen und Qualifikationen empfiehlt sie Teilnahmen an (relevanten) Kongressen, Konferenzen oder Publikationen, um von den Entscheidern wahrgenommen zu werden.

-          Der Markt wird zunehmend die Implementierung von mehr Frauen im Management fordern, sei es durch die Notwendigkeit, sich als attraktiver Arbeitgeber zu positionieren oder gegenüber Investoren oder Kunden Rechenschaft über die eigenen Strukturen ablegen zu müssen. In anderen Ländern sind diese Entwicklungen bereits zu beobachten, so dass jene Unternehmen, die sich bereits heute für eine gleichberechtigte Teilhabe von Männern und Frauen in Führungspositionen einsetzen langfristig einen Wettbewerbsvorteil erlangen können.

Schnell ergaben sich Fragen und Anmerkungen aus dem Publikum, die sich sowohl auf konkrete Maßnahmen der Unternehmen bezogen als auch den gesellschaftlichen Kontext suchten. Für FidAR e.V. bleibt also auch künftig noch viel zu tun: es gilt, nicht nur die Implementierung des Gesetzes auf Unternehmensseite weiter zu forcieren, sondern auch weiterhin die wichtige politische wie auch gesellschaftliche Lobbyarbeit zu leisten. Ein Fokus sollte auch auf mehr Transparenz für Frauen liegen: „Wenn wir uns in Entscheider Netzwerken bewegen, haben wir immer CVs von anderen top-qualifizierten Damen dabei “, so Elke Benning-Rohnke. „So können wir mehr Sichtbarkeit für die Einzelne erreichen.“ 

Beim abschließenden Networking wurden bis spät in den Abend wertvolle Kontakte geschlossen, Visitenkarten getauscht und die begonnenen Diskussionen fortgesetzt. Denn eines hat sich ganz sicher in den letzten Jahren geändert: Frauen finden immer mehr Möglichkeiten sich gegenseitig aktiv ins Spiel zu bringen.

www.fom.de