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FidAR Süd Politikfrühstück mit Katharina Schulze, Spitzenkandidatin der Grünen

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In München lud Vize-Präsidentin und Regionalvorstand FidAR Süd Elke Benning-Rohnke zum Politikfrühstück mit Katharina Schulze, 32, Fraktionsvorsitzende und Spitzenkandidatin der Grünen für die bayerische Landtagswahl. Und so ging die Woche am Montagmorgen um 8 Uhr gleich dynamisch los. Derart groß war der Andrang, dass im Konferenzraum des Hotels Mercure in Sachen Bestuhlung nachgerüstet werden musste. Viele Teilnehmer*innen standen noch unter dem Eindruck der Riesendemo vom Vortag, #ausgehetzt. Trotz heftigen Regens gingen zwischen 25.000-50.000 Menschen auf die Straße, je nachdem ob man den Schätzungen der Polizei oder der Veranstalter glaubt, um gegen einen zunehmend ketzerischen Politikstil zu protestieren.

Dies machte den Auftritt der energiegeladenen Katharina Schulze umso spannender, weil plötzlich die Frage mit im Raum stand: Wären die Grünen ein potentieller Koalitionspartner, wäre Schwarz-Grün für Bayern denkbar? Von Schulze, die sich als „pragmatische Weltverbesserin“ outet und gehörigen pack-mas-a-Charme ventiliert, war definitiv kein kategorisches „Nein“ zu vernehmen.

Zunächst aber stellt sie kurz und bündig die 3 Schwerpunkt des grünen Wahlprogramms vor:

-       Gleiche Rechte und Chancen für Frauen und Männer und die Verabschiedung alter Rollenbilder. „Feminist sein heißt doch nichts anderes, als für die Gleichberechtigung von Frauen und Männern einzutreten.“

In Bayern ist dieser emanzipatorische Ansatz im Wahlprogramm das Alleinstellungsmerkmal der Grünen. Schulze hat sich vehement dafür eingesetzt, weil sie, wie auch wir bei FidAR, allenthalben einen „anti-feministischen backlash“ beobachtet.

(Übrigens: Katharina Schulze ist Videobotschafterin unserer #ungleichwargestern-Initiative und sieht darin „absolute Deckungsgleichheit“ mit den Forderungen der Grünen.)

-      Grüne Umweltpolitik (auf die wir hier nicht näher eingehen)

-      Die Chancen der Digitalisierung für alle zugänglich machen. U.a. per flächendeckendem Ausbau des schnellen Internets, Bildungsangeboten, etc. pp.

Facts, die wir am Rande lernen:

- Im bayerischen Landtag sind nur 30% Frauen;

- von den 180 Abgeordneten stellen Bündnis 90/Die Grünen bisher nur 17

- die kommunalen Betriebe fahren eine Nullquoten-Politik (die Grünen wollen dagegen angehen – im Sinne von FidAR streben die Grünen eine Gleichverteilung von Macht und Einfluss der Geschlechter an). FidAR untersucht im Public WoB-Index seit Jahren die Entwicklung des Frauenanteils in den öffentlichen Unternehmen.  Es ist das einzige Ranking der größten öffentlichen Unternehmen in Deutschland auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene nach dem Frauenanteil in Aufsichtsgremien und Top-Managementorganen.

- jede 2.Frau, die Hilfe in einem Frauenhaus sucht, muss abgewiesen werden, weil es nicht genügend Plätze gibt (die Grünen wollen Abhilfe schaffen); FidAR findet Frauenschutz dringend geboten, möchte jedoch nicht nur die Opferrolle der Frauen in diesem Zusammenhang betont wissen, sondern fordert sichtbare Programme auch gegen die Täter. FidAR setzt sich auch deshalb für Frauen in Führung ein, damit das Thema Gewalt gegen Frauen konsequenter angegangen werden kann. 

- Mehr als 20 Jahre sind seit der Einführung des Gleichstellungsgesetzes vergangen, aber 18,3% aller Dienststellen in Bayern sind der Verpflichtung, eine Gleichstellungsbeauftragte zu berufen, nicht nachgekommen;

- Die Frage, ob im Landtag nicht eine parteiübergreifende Vernetzung / Solidarisierung unter den Frauen möglich ist, vorneweg mit denen der mächtiges CSU, verneinte Katharina Schulze und beschrieb lebhaft die total hierarchisch ausgerichtete Struktur der Regierungspartei.

- Bayern ist das einzige Bundesland, in dem es keine Stabsstelle für die Stärkung und Förderung der Demokratie gibt (die Grünen würden sofort eine einrichten, kämen sie an die Macht)

- Bayern hat ein personalisiertes Verhältniswahlrecht, d.h., Frauen können Frauen wählen

In der lebhaften Diskussion zu den Themenkomplexen, gleiche Teilhabe und Equal Pay plädierte Frau Schulze für eine feste Quote zumindest in den staatlichen Betrieben, beschrieb Frankreich und Island als Vorbilder in der Gesetzgebung zur Abschaffung des Gender Pay Gap. (In Frankreich soll diese Lücke innerhalb der nächsten 3 Jahre geschlossen werden).

Gleichstellung auch von ungleich bezahlten Berufen. Warum, fragt Katharina Schulze, bekommt der Mechatroniker in der Ausbildung bereits € 1000, während die Erzieher*in sich mit einem Taschengeld abfinden müssen. Und plädiert für gleiche Rechte.

Was die Gleichberechtigung der Geschlechter betrifft, verfolgen die Grünen in Bayern eine Politik, die sämtliche Möglichkeiten nutzen würden, die im Rahmen der Landeshoheit gegeben sind. (Abschaffung des Ehegattensplitting, für das sie eintreten, liegt nicht in den Händen der Länder).

Wie aber stehen sie zu  Asyl-, Flüchtlings- und Einwanderungsproblematiken? Die Sorge wird geäußert, sie würden sich unter dem generellen Druck des Rechtsrucks trotzig als die letzten Gutmenschen beweisen wollen. Richtig? 

Falsch, sagt Katharina Schulze. Die Grünen verlangten nur die Einhaltung bestehender Gesetze, wenn der Rechtsweg ausgeschöpft sei und das Ergebnis auf Abschiebung laute, treten sie durchaus dafür ein.

Es muss aber differenziert werden zwischen Flüchtlingen, die unter dem Schutz der Genfer Flüchtlingskonvention stehen und den Zuwanderungsströmen. Die Grünen wollen ein Einwanderungsgesetz nach kanadischem Vorbild, und Integration auf dem Boden des Grundgesetzes.

Von FidAR kommt der Vorschlag, bei der Einwanderung sollten auch Geschlechterquoten gelten. Katharina Schulze ist angetan. Die Oberbayerin aus Herrsching am Ammersee hat in München und der University of California in San Diego interkulturelle Kommunikation, Politikwissenschaft und Psychologie studiert; das Amerikanische geht ihr so flott von der Zunge wie sie das bayerische R rollt. Dieser Spirit von Think global, act local, hat den Wochenauftakt von FidAR-Süd beflügelt.

Text: Gisela Maria Freisinger